Überlebenstaktiken eines Mehrtierbesitzers

Alltagsorganisation – das ist grundsätzlich keine leichte Sache. Doch wie plant man sein eigenes Leben um die fixen, individuellen Bedürfnisse mehrerer Haustiere, ohne sich selbst dabei zu vernachlässigen? Da wurde die Richtige gefragt. Ich habe zwei Pferde, einen Hund und dadurch quasi kein weiteres Privatleben. Das klingt trauriger als es ist. Erst muss man sich über die Bedürfnisse aller Beteiligten im Klaren sein. Um dies auf meine eigene Situation zu beziehen, eine kurze Auflistung:

Pferd I: Maverick, 14 Jahre alt

Ein gutes Pferd, Feuer unter dem Hintern, anständig, arbeitswillig… aber schon ein wenig schnöselig. Er mag vieles nicht. Keinen Regen, keine Holzbeigen im Wald, keine Objekte dort, wo sie vorher nicht waren, keine unerklärlichen Geräusche (wie mein Niesen) … Doch ist er grundsätzlich pflegeleicht. Solange er genug Weidegang bekommt, kann man ihn gut einfach mal Pferd sein lassen. Ideales Betreuungspensum: 2-3 Stunden/Tag, 4-6x/Woche

Pferd II: Scottie, 6 Jahre alt

Eine bilderbuchhafte kleine A*geige. So klein er ist, so berechnend und fies ist er auch. Eine 85cm grosse, sadistisch angehauchte Superintelligenz, die zwar überaus gerne arbeitet – aber so, wie er das möchte. Wenn man ihn ordentlich beschäftigt, kann man die vollständige Ausgärung von Flausen grösstenteils verhindern. Heisst jedoch, dass er neben meinen Nerven auch mächtig Zeit kostet. Ausser, du willst mit Satan in Form von 130kg auf vier Beinen spazieren gehen. Ideales Betreuungspensum: 2-3 Stunden/Tag, so oft in der Woche, wie dir dein Leben wert ist. 

3. Hund: Jack, 8 Jahre alt

Mag alles und jeden. Die grösste Herausforderung bei Jack ist, dass er tagsüber alle 4-6 Stunden raus muss, und das in möglichst ausgedehnten Spaziergängen. Dies gibt der Tagesplanung ein striktes Regime vor. Ideales Betreuungspensum: 3-4 Stunden/Tag, 7 Tage/Woche

4. Und zu guter Letzt, Mensch: Justine, 23 Jahre alt

Tiermedizinische Praxisassistentin. Mag ihre, wie auch alle anderen Tiere, Prosecco, hat ausser den Tieren keine Hobbys, und nur eine Handvoll Freunde (das erstaunt dich nicht, oder?)

In meine 24 Stunden des Tages müssen neben der Versorgung und Auslastung meiner Tiere auch noch die BMS (Lernen inklusive), mein Job, und die nebensächlichen Dinge des Lebens wie essen, schlafen, duschen und ein bisschen soziale Interaktion gepackt werden. Wie mache ich das nun?

Ich habe drei Grundregeln:

  1. Die Tiere kommen zuerst. Ja, vor dem Lernen. Ja, vor eigenen Bedürfnissen. Ja, das ist manchmal anstrengend.
  2. Wenn es hart auf hart kommt, werden die Tiere lieber kurz, dafür qualitativ hochstehend gearbeitet, als ausgedehnt, dafür unkonzentriert und genervt.
  3. Wenn alle Tiere versorgt sind, ist es absolut in Ordnung, sich mit einem Gläschen Prosecco auf die Couch zu werfen und diese höchstens zum Nachschenken nochmals zu verlassen.

Warum du dir diesen Worterguss reingezogen hast? Artgerechte Haustierhaltung ist nicht leicht. Manchmal kriege ich mich nach der Arbeit nicht mehr in die Dunkelheit und Kälte hinaus, um in den Stall zu gehen. Das ist okay. Manchmal sitze ich heulend im Auto, weil sich die A*geige schon wieder losgerissen und mit mir Fangen gespielt hat – an einer stark befahrenen 80-er Strecke. Auch das ist okay. Denn am Ende des Tages weiss ich, meine Tiere freuen sich morgen genauso über mich, wie an allen bisherigen Tagen auch. Und das tue ich mich auch über sie. Darum geht es – nur darum.         

– Justine Valérie, BM2 –

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